strange encounter with the third kind

21
Feb
2007

Happy-Lehrer-Slapping - oder: Kartell des Schweigens

Wenn Eltern am Feindbild Lehrer basteln

Terror an Schulen? Nichts wirklich Neues. Rütli, Unterschicht und ethnische Gewalt tauchen sofort als Assoziationen auf. Doch jenseits dieser bekannten Manifestationen diverser Bildungs- und Gesellschaftsprobleme hat sich - (nicht nur) nach Ansicht des Philologen-Verbandes NRW - eine ganz andere, sehr bürgerliche Form der Randale etabliert, die von fast allen Beteiligten klein geschwiegen wird: eine Art Elternterror.

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30
Nov
2006

Fünf-Ohren-Modell

Liebes Tagebuch,
heute Morgen ist mir etwas Merkwürdiges passiert. Mein Radiowecker – ohne Wurfantenne nur noch wirkungsstärker in seiner Aufgabe, Angst und Schrecken zu verbreiten, da Radio Ton der einzige Sender ist, der sich noch für mein entmanntes Empfangsgerät prostituiert – war das Letzte, woran ich mich erinnerte, bevor ich im nächsten Moment im Kopierraum meiner Schule stand, vor mir das fiepende Gerät, an meinem Ohr der übliche Kobold von Lehrer, dessen Vortrag über die Empfindlichkeit der Geräte und der Grobheit mancher Kollegen ich in der Version 8.0 so gut wie verpasst hatte.
Es war vor der ersten Stunde, ich hatte nicht gefrühstückt und auch keinen Kaffee und der Kobold war in Gefahr. Mir kam eine Erneuerung des Vier-Ohren-Modells von Schulz von Thun in den Sinn: Ein zweites Appell-Ohr horchte auf: War es nicht so, dass sich im Muster des sinnfreien Wortteppichs ein Hilferuf abzeichnete? Meine geschärften Übersinne nahmen die sich wiederholenden Worte wahr: „Hau mir eins in die Fresse. Hau mir eins in die Fresse.“ Als Dienstvorgesetzter war Rumpelzstielchen mir gegenüber eindeutig weisungsbefugt. Die Frage war nur: Wie hätten es Herr OStR Graf von Faksimil denn gerne gehabt? Möglicherweise eine Kopie seines Gesichts vor der Amtshandlung? Für die sicherlich jetzt schon überforderte plastische Chirurgie in der Veterinärabteilung?
Würde Eurer Exzellenz höchstpersönlich mit vollster Hingabe den Gefallen tun und alle Kraft darauf verwenden, das dicke Gesicht in alle Ecken der Sichtscheibe zu drücken, auf dass so wenig Toner wie möglich an den Rändern verbraucht werde.
Nicht dass ich so etwas gerne tue. Aber wenn die Pflicht ruft. Sich selbst noch einmal vergewissernd, wie es meinem besonnenen nahöstlichen Naturell entspricht, wendete ich mich an die Schulleiterin und fragte sie, ob sie die gleichen Sätze vernehme. Betäubt von Kaffee und Frühstück konnte sie meine Wahrnehmung nicht teilen und hielt eine atemberaubende Rede über Vertrauen, Verrat und Leidenschaft unter besonderer Berücksichtigung Baden-Württembergs. Ich empfahl mich kurz vor Ende Kapitel 16 und kam gerade noch rechtzeitig zur dritten Stunde.

17
Okt
2006

contact

aus gegebenen Anlass starte ich noch eine umfrage: ich hab heute nämlich meinen ersten elternabend (neu-pädagogisch: "klassenpflegschaft") hinter mich gebracht, der zu 32% aus bohrenden väterblicken, 23% verständnisvollem mütternicken, sicher zu 50% aus nervosität meinerseits und - weil ich in mathe noch nie so besonders war - zu 13% daraus bestand, dass mich die eine klassenlehrerin so überrumpelt hat, dass ich meine handy-nummer für die eltern an die tafel geschrieben habe (dass dabei die kreide abgebrochen ist, übergehe ich hier mal - und hey, ja, ich weiß: telefonnummer an eltern, EVIL!, aber ich stand zum ersten mal vor so ner elternhorde und sie hat mich echt überrumpelt). bei der nexten vorstellung war ich dann auf der hut, etwa so lange, bis eine besorgte mutter (die machten die restlichen 33% aus) im angesicht der drohenden klassenarbeit fragte, ob ich nicht auch die daheim zur übung geschriebenen erörterung einsammeln und korrigieren könnte... ja, genau, ihr könnt euch denken, was ich geantwortet habe... jedenfalls hatte ich promt, als ich mich aus dem klassen- wieder in raucherzimmer gerettet hatte, die vision von 31 besorgten mütter, die ihren 31 kleinen lieblingen am früstückstisch eintrichtern, heut unter allen umständem dem doofen deutschlehrer die hausaufgabe aufs auge zu drücken - im moment versuche ich noch die zwangsweise daraus folgende vision von mindestens 27 schülern, die mir morgen mit zweifelden, aber doch auch erwartungsvoll leuchtenden augen ihre erörterungen aufdrängen, zu verdrängen: relativ erfolglos, wie ich zugeben muss: rauchen hilft doch nicht immer... jedenfalls haben sich die älteren und erfahreneren kollegen im raucherzimmer köstlich über meine anfängerfehler amüsiert.
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